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Solarstrom ohne eigenes Dach ermöglichen

Die Schweiz ist ein Land der Mieterinnen und Mieter. Folglich besitzt ein Grossteil der Bevölkerung kein eigenes Dach und kann somit auch keine eigene Solaranlage bauen. Die Gemeinden haben die Möglichkeit, die Personengruppe z.B. über die Förderung von Bürgerbeteiligungsmodellen oder Zusammenschlüsse zum Eigenverbrauch ebenfalls in den Ausbau der Solarenergie einzubeziehen.

Einleitung

Die Schweiz ist ein Land der Mieterinnen und Mieter, rund 60 % der Bevölkerung wohnt in einem Mietverhältnis. Folglich besitzt ein Grossteil der Bevölkerung kein eigenes Dach und kann somit auch keine eigene Solaranlage bauen. Oder das Dach ist für PV-Anlagen ungeeignet, respektive die denkmalschützerischen Auflagen verhindern die Installation einer eigenen Anlage. Zudem können sich nicht alle Haus- und Liegenschaftsbesitzenden die Realisation einer Anlage leisten. Trotzdem besteht oft auch bei diesen Bevölkerungsgruppen ein Interesse, sich an der Energiewende zu beteiligen. In diesen Fällen bietet sich der Bau von Gemeinschaftsanlagen auf geeigneten Dächern an. Dies kann auf ganz verschiedene Weise geschehen. Die Gemeinden haben die Möglichkeit, dies über die Förderung von Bürgerbeteiligungsmodellen, Zusammenschlüssen zum Eigenverbrauch oder Lokalen Elektrizitätsgemeinschaften zu unterstützen, insbesondere durch die Bereitstellung geeigneter kommunaler Dachflächen, durch ein Engagement des lokalen Energieversorgers oder durch das Zusammenbringen möglicher Akteure.

Crowdfunding durch Energieversorger oder private Anbieter

Verschiedene Gemeinden bieten ihren Einwohnerinnen und Einwohnern über ihre Energieversorger die Möglichkeit, sich finanziell mit einer selbst wählbaren Anzahl Quadratmetern an neuen PV-Anlagen in der Gemeinde finanziell zu beteiligen. Die Investoren erhalten während einem definierten Zeitraum eine jährlich garantierte Menge Solarstrom auf ihrer Stromrechnung ausgewiesen bzw. gutgeschrieben. Solche Angebote sind in Kooperation mit dem lokalen Verteilnetzbetreiber bzw. Energieversorger möglich.  

Vorteile für die Gemeinde:

  • Ähnlich wie bei Genossenschaften können sich Bürger gemäss ihren finanziellen Möglichkeiten und unabhängig von einem eigenen Dach an Solarprojekten beteiligen.
  • Durch die Wahl von Flächen in lokalen Projekten in der eigenen Gemeinde findet eine Identifizierung mit der lokalen Stromproduktion statt.
  • Es wird lokal investiert und das Potenzial auf dem Gemeindegebiet genutzt.

Was können Gemeinden tun:

  • Mit dem Energieversorger oder einem privaten Anbieter die Entwicklung eines Crowdfunding-Ansatzes vorantreiben oder die Ausdehnung bestehender Programme auf das Gemeindegebiet in Erwägung ziehen.
  • Gemeindeeigene Dachflächen dem Energieversorger im Rahmen des Crowdfunding-Ansatzes unter bestimmten Bedingungen zur Verfügung stellen.
  • Bevölkerung proaktiv über die Beteiligungsmöglichkeiten informieren.

Gute Beispiele Crowdfunding

Basel BS / IWB: Sonnen-box Crowd

Über die IWB Sonnenbox Crowd können sich Bewohner:innen in Basel finanziell an PV-Anlagen beteiligen. Die IWB baut mit den Einlagen auf den Dächern von Basel Photovoltaik-Anlagen, Die Investoren könnten den produzierten Solarstrom anteilsmässig für sich selbst beziehen oder verschenken.

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St.Gallen SG / SGSW: Solar Commu-nity St.Gallen

Die St. Galler Stadtwerke erstellen auf öffentlichen Dächern Photovoltaik-Anlagen, von denen St. Galler:innen ihren eigenen Solarstrom beziehen können. Über ein Bestellportal können sie eine oder mehrere Solarstrom-Einheiten auswählen. Für eine Dauer von bis zu 20 Jahren wird dann jährlich der entsprechende Solarstrom auf der Stromrechnung gutgeschrieben.

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Zürich ZH / EWZ: Solarstadt Zürich

Die EWZ baut und betreiben Solaranlagen auf öffentlichen Gebäuden und an Staumauern in und ausserhalb der Stadt Zürich. Bürger:innen können sich an den Anlagen finanziell beteiligen und erhalten den entsprechenden Strom gutgeschrieben. Aufgrund grosser Nachfrage sind aktuell alle Anlagen ausverkauft, es existiert eine Warteliste.

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Bern BE / EWB: Sunraising Bern

Der Verein Sunraising bietet Mieter:innen eine Möglichkeit, ebenfalls Solarstrom zu produzieren. Die Mieter:innen finanzieren die Paneele einer Photovoltaik-Anlage, die Stadt stellt eigene Dächer zur Verfügung auf welcher der Verein Anlagen erstellt, und Energie Wasser Bern (EWB) rechnet anschliessend den Solarstrom ab. Auch hier ist die Nachfrage momentan grösser als die verfügbaren Dachflächen.

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Frauenfeld TG / Thurplus: SolarInvest

Hauseigentümer, Mieter oder kleine und mittlere Unternehmen können in beliebige Quadratmeter Solarfläche einer Photovoltaikanlage von Thurplus investieren und haben pro Quadratmeter ein Anrecht auf einen Ertrag, der ihnen jährlich gutgeschrieben wird. Thurplus übernimmt dabei die komplette Planung, den Bau und Betrieb sowie die Instandhaltung der Photovoltaikanlage.

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Delémont JU / Industrielle Betriebe von Delé-mont (SID): Bürgerdarlehen

Seit 2013 haben die Industriellen Betriebe von Delémont (SID) 23 Photovoltaik-Anlagen in Delémont und Umgebung installiert. Der Grossteil wurde mit Bürgerdarlehen finanziert. Jurassier:innen können in erneuerbare lokale Anlagen investieren, womit sie einerseits zur Entwicklung der Solarenergie beitragen und andererseits ein attraktives Investment machen können. Das Modell wird auch zusammen mit Unternehmen weiterentwickelt, die ihre Dächer für Solaranlagen zur Verfügung stellen. Mit diesen Bürgerdarlehen wurden zwischen 2013 und 2020 5.84 Millionen CHF in eine saubere und erneuerbare lokale Energieproduktion investiert. 

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Wetzikon / Stadtwerke Wetzikon: Suneschtrom-wetzike

Die Photovoltaik-Grossanlage auf dem Dach der Eishalle ist ein Projekt, das die Stadt und die Stadtwerke nur gemeinsam mit der Bevölkerung stemmen konnten. Entsprechend wurden die einzelnen Solarpanels zum Verkauf angeboten. Die Anlage war schnell vollständig finanziert, konnte bereits 2019 umgesetzt werden und liefert seither jährlich rund 500’000 kWh Strom.

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Rüti ZH / Gemeindewerke Rüti ZH und Solarify: Bürgerbeteiligungen

Rüti will auch für Bürger:innen ohne Dach Optionen schaffen und hat deshalb ein durch die eigenen Gemeindewerke umgesetztes Crowdfunding geprüft. Schliesslich hat man sich dazu entschieden mit der Firma Solarify zusammenzuarbeiten. Deren Angebot wird aktiv kommuniziert und im Rahmen der Kooperation wird auf der Dachfläche der Energiezentrale des neuen Wärmeverbunds «Energieverbund Rüti Zentrum» nun eine erste PV-Anlage realisiert.

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Laufenburg AG / Gemeinde Laufenburg und «Power-blox»: Bürgerbeteiligungen

Ein Projekt in Laufenburg zielt speziell auf Menschen ab, die in der Altstadt oder zur Miete wohnen. Erstere müssen die Auflagen zur Gestaltung des Stadtbildes befolgen (Schutzstatus) und Mieter haben keine Entscheidungsbefugnis zum Bau einer Solaranlage. Ungenutzte Gemeindedächer sollen deshalb für Solaranlagen genutzt werden bzw. über Bürgerbeteiligungen finanziert werden. Beim Kauf eines Solarmoduls über 560 Franken erhält man dort eine fixe, jährliche Gutschrift von 240 Kilowattstunden Strom.

Weitere Informationen / Infos

Solargenossenschaften

Interessentinnen und Interessenten schliessen sich zu einer Genossenschaft oder einem Verein zusammen, die resp. der Solarenergieanlagen gemeinschaftlich plant, finanziert, baut und betreibt. Genossenschafter:innen stellen durch die Zeichnung von Anteilsscheinen Kapital für den Bau von Solaranlagen zur Verfügung und erhalten im Gegenzug den ökologischen Mehrwert oder eine monetäre Gutschrift gemäss Produktion und Anteilscheinen. Das Modell ist bereits weit verbreitet. Ein Verzeichnis der lokalen oder regionalen Solargenossenschaften findet sich hier.

Vorteile für die Gemeinde:

  • Solargenossenschaften haben das Potenzial, das Interesse an energiepolitischen Themen in der Bevölkerung zu wecken und eine Schlüsselrolle für die Beteiligung der breiten Bevölkerung an der Energiewende einzunehmen.
  • Genossenschaften können die Gemeinde bei Sensibilisierungs- und Öffentlichkeitsarbeit entlasten und Aufgaben übernehmen. Sie verstärken die Akzeptanz für das Thema in der Bevölkerung.
  • Genossenschaften sind lokal verankert und arbeiten oft mit lokalen Unternehmen zusammen. Sie unterstützen so lokale Unternehmen und die regionale Wertschöpfung.
  • Genossenschaften können auch die Gemeinde bei Planung, Bau, Betrieb und Unterhalt von Anlagen auf kommunalen Gebäuden oder bei zuständigen Tochtergesellschaften (z.B. für Abfallentsorgung, Wasserversorgung, Gas- und Fernwärmenetze oder Stromversorgung) unterstützen.

Was können Gemeinden tun:

  • Gründung einer Genossenschaft anregen: Falls die Gemeinde interessierte Personen kennt, kann sie beispielsweise Starterworkshops via www.solectif.ch anbieten oder Genossenschaften bei der Gründung, dem Aufbau der Webseite, der Entwicklung eines Logos sowie eines Businessplans direkt unterstützen. Die SSES und ihr Fachverband VESE stellen zudem Musterverträge zur Verfügung. Weiterführende Informationen sind in einem Handbuch verfasst.
  • Genossenschaften im Rahmen einer Zusammenarbeit den Bau von Solaranlagen auf kommunalen Gebäuden ermöglichen.
  • Solargenossenschaften finanziell unterstützen: Gemeinden können die Gründung von Solargenossenschaften mit Sitz auf dem Gemeindegebiet unterstützen. Gute Beispiele dafür sind die Gemeinde Horw (siehe hier) oder Bülach/Embrach, wo die Gemeinde CHF 100 pro zugebautem kW an die Genossenschaft überweist und gemeinsame Infoveranstaltungen für Einwohner organisiert.
  • Unterstützung von Selbstbaugenossenschaften: Dort planen Eigentümer zusammen mit einem professionellen Planer:innen der Genossenschaft ihre PV-Anlage. Das Material wird zum Selbstkostenpreis gemeinsam eingekauft. Eigentümer:innen bauen dann die Anlage unter Anleitung und zusammen mit anderen Genossenschaftern. Als Gegenleistung helfen die Eigentümer:innen beim Bau von Anlagen anderer Teilnehmer:innen mit. Eine Liste von Selbstbaugenossenschaften in Ihrer Region finden sie hier.

Weiterführende Links:

  • Das 2023 gestartete Projekt SolEctif von SSES und VESE soll die Vernetzung unter Solargenossenschaften fördern, Best-Practices aufzeigen und weitere Hilfestellungen vermitteln sowie zukünftige Genossenschaftsmitglieder mit Genossenschaften verknüpfen.
  • Übersicht Solargenossenschaften in der Schweiz 
  • Handbuch Solargenossenschaften

Gute Beispiele Genossenschaften

Horw LU: Unterstützung von lokalen Genossenschaften

Die Gemeinde unterstützt die Gründung von Solargenossenschaften mit Sitz auf dem Gemeindegebiet von Horw, welche mindestens eine Solaranlage in Horw realisiert. Die Gemeinde kann Unterstützungsgelder an die Genossenschaftsgründung sowie an die Erstellungskosten einer Solarstromanlage zur Gewinnung und Speicherung von erneuerbaren Energien leisten (Kostendach CHF 30’000).

Weitere Informationen und hier.

Adliswil, Thalwil, Wädenswil, Horgen, Embrach, Kloten ZH: Angebote an EinwohnerInnen

Die von der Energie Genossenschaft Zimmerberg entwickelte «Aktion Kraftwerk» hat den Zubau von Solarstrom für private Grundeigentümer:innen zum Ziel. In Zusammenarbeit mit mehreren Zürcher Gemeinden werden über ein «Rundum-Sorglos-Angebot» auf geeigneten Dachflächen in der jeweiligen Gemeinde PV-Anlagen geplant und gebaut. Die Genossenschaft arbeitet für die Umsetzung der Anlagen mit ausgewählten Partnerfirmen aus der Region zusammen. Schlussendlich wird der produzierte Strom neben dem Eigenverbrauch der Anlage-Eigentümer:innen auch von den Gemeinden genutzt. Diese kaufen den Mehrwert des überschüssigen ins Netz eingespeisten Solarstroms und verbessern damit den ökologischen Strommix der eigenen Gebäude und Anlagen.

Weiter Informationen, hier und hier

Malters LU

In Malters hat die Genossenschaft eine Solaranlage auf der Sporthalle Oberei erreichtet, welche Strom für ca. 50 Haushalte produziert. Den Strom verkauft die Genossenschaft primär der Gemeinde Malters für den Betrieb der Sporthalle. Die restliche Energie wird an Privathaushalte und Firmen verkauft, die keine Möglichkeit haben, eine eigene Solaranlage auf ihrem Dach zu realisieren.

Weitere Informationen

Udligenswil LU

Nach der Realisierung der PV-Anlage für das Schulhaus in Udligenswil wird im 2. Quartal 2024 auch auf dem Mehrzweckgebäude «Ökihof» eine Photovoltaikanlage der Energiegenossenschaft Luzern entstehen. Die Anlage wird eine Leistung von 220 kW haben.

Weitere Informationen

Solarvereine

Solarvereine sind ähnlich wie Solargenossenschaften aufgebaut, sie unterscheiden sich in erster Linie durch die juristische Form und die wegfallenden Eintrittsgebühren. Denn statt Anteilsscheine zahlen die Vereinsmitglieder einen jährlichen Mitgliederbeitrag. Solarvereine engagieren sich ebenfalls im kollektiven Ausbau von solarer Stromproduktion und deren Vermarktung. Wie auch bei Solargenossenschaften können solche Vereine auch direkt Solarstrom an Interessierte verkaufen, ohne dass ein Mitgliederbeitrag fällig wird. In manchen Fällen kann aber eine Dienstleistung ausschliesslich mit einer Mitgliedschaft bezogen werden. Vorteile und Handlungsfelder von Gemeinden entsprechen denen bei Solargenossenschaften.

Handel mit Herkunftsnachweisen

Mit dem Kauf von Herkunftsnachweisen können Käufer:innen sicherstellen und nachweisen, dass ein bestimmter Anteil Solarstrom in ihrem Strom-Mix enthalten ist. Die Herkunftsnachweise einer Photovoltaik-Anlage im Besitz der Gemeinde, des kommunalen Energieversorgers oder einer Genossenschaft können beispielweise an das lokale Gewerbe oder an andere lokale Bezüger:innen verkauft werden, welche ihre Produkte mit dem Slogan «Strom von hier» bewerben. Produzentinnen und Produzenten von Solarstrom können ihre Herkunftsnachweise auf ökologischen Strombörsen bzw. Online-Plattformen handeln. Dort können Käufer:innen Stromproduzenten aus ihrer Region suchen und die von ihnen gewünschte Strommenge erwerben. Das Rechtsverhältnis der Personen mit ihrem lokalen Stromversorgungsunternehmen bleibt unverändert, allerdings erhalten sie eine zusätzliche oder ergänzte Stromrechnung durch die Strombörse mit dem ökologischen Mehrwert.

Vorteile für die Gemeinde:

  • Eine erhöhte Nachfrage nach lokalen Herkunftsnachweisen kann Anreize für Investoren schaffen und den Ausbau von Solarenergie in der Gemeinde beschleunigen.

Was können Gemeinden tun:

  • Mit Energieversorger oder Genossenschaften eruieren, ob der Handel von Herkunftsnachweisen als Angebot für die lokale Bevölkerung lanciert oder ausgebaut werden könnte.

Gute Beispiele Herkunftsnachweis

Trubschachen BE: Strom von hier GmbH

Die «Strom von hier GmbH» in Trubschachen kauft die Herkunftsnachweise der regionalen Produzenten und vermarktet diese regional. Käufer:innen unterstützen damit eine erneuerbare und regionale Stromversorgung. Ein wichtiges Zielpublikum der Kampagne sind Haushalte mit eigener Stromrechnung, die affin sind für Ökostrom. Viele unter ihnen nutzen die entsprechenden, etwas teureren Angebote ihrer Energieversorger. Mit diesem Angebot wechseln die Kunden preisneutral zu «Strom von hier» und haben zusätzlich zu Ökostrom auch einen regionalen Bezug. Die Grundversorgung bleibt beim zuständigen Energieversorger der Ökostrombeitrag geht zum Solarstrom-Produzenten.

Weitere Informationen

Malters LU: energie malters Genossenschaft für erneuerbare Energien

Beim Bezug von Solarstrom-Herkunftsnachweisen (HKN) garantiert die Genossenschaft energie malters den Bezüger:innen, dass die entsprechende Energiemenge von den Photovoltaikanlagen Sporthalle Oberei und Wohnüberbauung Oberfeld ins öffentliche Netz eingespeist wird. Käufer:innen beziehen die Energie weiterhin vom örtlichen Elektrizitätswerk, bekommen aber die Garantie, dass die vereinbarte Menge Solarenergie gutgeschrieben wird.

Weitere Informationen

Klein-Solarkraftwerke

Mit einer Kleinanlage bis 600 Watt Leistung können Mieterinnen und Mieter in ihrer Gemeinde selber Strom produzieren. Inzwischen ist eine vielfältige Palette an Produkten verfügbar, welche sich einfach am Balkon oder an der Fassade anbringen und auch wieder entfernen lassen. Solche Anlagen können bei einem Umzug problemlos mitgenommen werden und sind nicht standortabhängig. Die Anlagen werden mit einem Stromkabel an die Steckdose angeschlossen. Die produzierte Strommenge wird im Eigenverbrauch direkt genutzt oder als Überschuss ins Stromnetz eingespiesen. Obwohl die rechtliche Grundlage fehlt, sind solche Anlagen heute weitgehend bewilligungsfrei. Voraussetzung ist jedoch, dass der Vermieter oder die Vermieterin mit der Anlage einverstanden ist und dass das Elektrizitätswerk informiert wird und den Zähler für die Einspeisung freischaltet.

Vorteile für die Gemeinde:

  • Gemäss Richtline des Eidgenössisches Starkstrominspektorat ESTI ist eine Klein-Solaranlage bis 600 Watt wie jedes andere elektronische Gerät ein frei steckbares Betriebsmittel. Sie ist damit durch die örtliche Ungebundenheit und den finanziellen Mehrwert eine niederschwellige und attraktive Möglichkeit für Bürger:innen, sich an der Energiewende zu beteiligen. Für die Gemeinde fällt durch das Wegfallen der Bewilligungs- oder Meldepflicht keinerlei Mehraufwand an.

Was können Gemeinden tun:

  • Gemeinden können im Rahmen von Informationsveranstaltungen (siehe auch Massnahmenbox Information) aktiv über die Möglichkeiten informieren. Dadurch werden auch Eigentümer motiviert, solche Anlagen auf Anfrage ihrer Mieter:innen zuzulassen.

Weiterführende Links:

Eigenverbrauch im Verbund: ZEV und LEG

Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser sowie Unternehmen mit einem erheblichen Stromverbrauch im Winter, in Randstunden oder nachts haben oft einen Eigenverbrauchsanteil des selber produzierten Stroms unter 20 %. Auch an idealen Standorten in der Gemeinde bleibt dadurch die Rentabilität solcher Anlagen und der Anreiz für private Investitionen klein. Neben Strategien zur Erhöhung des Eigenverbrauchs durch Wärmepumpen, Elektromobilität oder Heimbatterien besteht seit 2018 die Möglichkeit zur Schaffung von Zusammenschlüssen zum Eigenverbrauch (ZEV), womit starke Anreize zum Bau grösserer PV-Anlagen geschaffen wurden. Mit dem neuen Instrument der Lokalen Elektrizitätsgemeinschaften (LEG) sollen ab 2025 auch lokale Zusammenschlüsse über das Netz des Verteilnetzbetreibers möglich sein. Durch ZEV und LEG können Personen ohne eigene PV-Anlage in Nutzergemeinschaften eingeschlossen werden.

Vorteile für die Gemeinde:

  • Je mehr Strom direkt vor Ort verbraucht wird (Eigenverbrauch), desto schneller ist die Solaranlage amortisiert. Es wäre jedoch falsch, die Anlage möglichst klein zu bauen – sinnvoll ist die Nutzung ganzer Dächer. Das sieht gut aus, und die Mehrkosten gegenüber einer Teilbelegung sind gering. Zudem wird der Stromverbrauch in den meisten Haushalten und Betrieben künftig wegen Wärmepumpen und E-Mobilität deutlich zunehmen.

Was können Gemeinden tun:

  • Gemeinden können zum Erfolg solcher Eigenverbrauchsgemeinschaften beitragen, indem sie Akteure zusammenbringen. Also beispielsweise Besitzer grosser Dächer mit geringem Eigenverbrauch (z.B. landwirtschaftliche Bauten) mit grossen Verbrauchern (z.B. Gewerbebetriebe, Mehrfamilienhäusern).
  • Gemeinden können den eigene Energieversorger dazu auffordern, Angebote zur Entwicklung, Gründung und zum Betrieb von ZEV zu entwickeln. Oder sie kann die Bevölkerung auf andere Anbieter aufmerksam machen. Eine Übersicht über die Angebote in diesem Bereich finden Sie hier.
  • Mit der geplanten Einführung der Lokalen Elektrizitätsgemeinschaften (LEG) eröffnen sich viele neue Möglichkeiten zur intelligenten Abstimmung von Produktion und Verbrauch innerhalb einer Gemeinde (dies ist die im Gesetz vorgesehene maximale Ausdehnung einer LEG). Pilotprojekte mit LEG wurden beispielsweise schon in Lugaggia oder Walenstadt getestet (siehe auch Beispiele). Die gesetzlichen Grundlagen für LEGs werden aber voraussichtlich erst ab Herbst 2024 feststehen, sobald die Verordnungen zum neuen Energiegesetzt vom Bundesrat verabschiedet sind und unter der Voraussetzung, dass das Referendum zum Mantelerlass abgelehnt wurde.

Gute Beispiele ZEV und LEG

Liestal BL: ZEV für verschiedene Gemeindegebäude

Im Rahmen der Sanierung des Primarschulhauses Frenke 2016/17 konnte eine PVA mit Eigenverbrauchsregelung realisiert werden: Über einen ZEV mit der Mehrzweckhalle und der Sekundarschule des Kantons kann die Stromproduktion vollständig vor Ort genutzt werden (ca. 87‘000 kWh/Jahr, ~30 % des Stromverbrauchs).

Weitere Informationen

Lugaggia (Capriasca, TI): Solare Eigenverbrauchsgemeinschaft

LIC ist eine solare Eigenverbrauchsgemeinschaft mit 18 Wohnhäusern, 5 Photovoltaikanlagen mit total 70 kWh Jahresproduktion, 10 Wärmepumpen, 6 elektrischen Boilern und einem E-Auto. Ziel ist es, möglichst wenig Strom aus dem Netz zu beziehen und den Eigenverbrauch im Quartier zu maximieren. Dazu tragen ein grosser Speicher von 50 kWh sowie Smart-Metering bei. Für das dezentrale Energiemanagement wird eine Blockchain-Technologie verwendet, welche die Transaktionen zertifiziert und automatisiert. Auch die Bewohnenden spielen eine zentrale Rolle, denn sie sehen in jedem Moment online, ob vom öffentlichen Netz Strom bezogen wird oder nicht.

Weitere Informationen

Walenstadt SG: Projekt Quartierstrom

Im Projekt Quartierstrom hat das Projektteam in der Stadt Walenstadt mit Unterstützung des BFE und in enger Zusammenarbeit mit dem lokalen Energieversorger Walenstadt eines der ersten Projekte umgesetzt, das in der Schweiz einen Peer-to-Peer-Energiemarkt auf Basis der Blockchain Technologie realisiert. Prosumenten-Haushalte, die bereits eine Photovoltaik-Anlage besitzen, konnten ihre überschüssige Solarproduktion direkt an benachbarte Haushalte verkaufen, ohne Abwicklung über, und unabhängig von einer Drittpartei. Über eine Benutzerschnittstelle konnten sowohl Prosumenten als auch Konsumenten Preise anbieten, zu denen sie bereit waren, lokal produzierten Solarstrom zu (ver)kaufen. Die Transaktionen wurden automatisch berechnet, verwaltet und auf einem Blockchain System in Echtzeit gespeichert. Wenn die Energienachfrage oder das -angebot nicht innerhalb der Gemeinschaft bereitgestellt beziehungsweise abgenommen werden konnten, diente der lokale Energieversorger EW Walenstadt als Reservoir/Versicherung, um Über- beziehungsweise Unterkapazitäten zum fixen Einspeise- beziehungsweise Bezugspreis auszugleichen. Die rechtlichen Voraussetzungen für ähnliche Projekte werden mit dem Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien geschaffen, das voraussichtlich auf 2025 in Kraft tritt. 

Weitere Informationen in einer Publikation der BFE zu Vermarktungsmodellen (Seite 30)

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